Die jetzt vorliegenden schriftlichen Urteilsgründe des bisher nicht rechtskräftigen Urteils werden sicher wie die kommenden Instanzurteile die Diskussion über die Tötung überschüssiger juveniler Tiere im Zoo weiter anregen. Sie überzeugen aber bereits durch ihre Eindeutigkeit in dem konkreten entschiedenen Fall.

Das AG stellt bei seiner Beurteilung ausdrücklich nicht auf umweltpolitische oder allgemeine Handlungsziele ab. Es zieht vielmehr allein die konkreten Zwecke heran, die zu der tierschädigenden Handlung im Einzelfall führten. Dadurch vermeidet das Gericht eine generelle Entscheidung, die auch nicht Aufgabe eines Strafrichters ist. Dennoch klärt es in diesem Zusammenhang allgemeingültige Fragen.

Dies, indem es die einzelnen vorgetragenen angeblich rechtfertigenden Gründe für eine Euthanasie mit einfachen, schlüssigen Argumenten zerpflückt und widerlegt, etwa bei der Gegenüberstellung von angestrebtem Artenschutz und der dann aber tatsächlich den Tötungsentschluss bestimmenden Kostenfrage der Unterbringung der „Bastarde“.

Auch die Ablehnung einer weiterführenden Diskussion über eine die Welpentötung vermeintlich rechtfertigende Argumentation aus dem Rechtsgedanken von § 53 Abs.5 NatSchG LSA überzeugt in ihrer Stringenz.

Gleiches gilt für die Ablehnung der Annahme eines Verbotsirrtums angesichts der Sachkenntnis der Angeklagten.

Für sein Urteil musste das AG daher nicht einmal generell dazu Stellung nehmen, dass die von den Angeklagten wie überhaupt den Zoodirektoren zur Rechtfertigung angeführten verbandsrechtlichen Leitlinien rein privatrechtliche Vereinbarungen ohne Normcharakter sind und die EU-Richtlinie 1999/22/EG über die Haltung von Wildtieren in Zoos in der Umsetzung durch das Bundesnaturschutzgesetz keineswegs von Zoos Aufzucht in Gefangenschaft zwingend fordert.

Die Entscheidung des AG Magdeburg sollte daher Anlass geben, noch entschiedener die von den Angeklagten zu Unrecht offensichtlich kritiklos übernommene Richtlinie der Zoodirektoren in Frage zu stellen und an dem tierschutzrechtlichen Begriff des „vernünftigen Grundes“ zu messen und insbesondere zur Kenntnis zu nehmen, dass neben dem bereits länger als Staatsziel etablierten Umwelt- und Artenschutz (mit darin enthaltenem abstraktem Schutz von Tierarten) gleichrangig seit 2002 der Schutz des individuellen Tieres und Tierlebens im GG verankert ist.

Jost-D. Ort, Stellv. Vorsitzender

  • Diese Stellungnahme als PDF herunterladen
  • Urteil des AG Magdeburg vom 17.06.2010
  • Bericht über die Prozessbeobachtung von RA Josef Fassl