Mit Beschluss vom 28.09.2020 (Az.: 1 E 20.1740) hat das VG Augsburg die Verweigerung der Abfertigung eines Transports von 120 nicht abgesetzten Kälbern nach Spanien bestätigt.
Die von der Antragstellerin, einer Rinder- und Kälberhändlerin, beantragte Abfertigung wurde von der zuständigen Behörde verweigert.
Das Gericht legt seiner Entscheidung eine ganz entscheidende amtstierärztliche Bewertung über die Ernährung kleiner Kälber mit Milch zugrunde, die – sofern diese den Kälbern über einen bestimmten Zeitraum entzogen wird – erhebliche Leiden verursacht:
„Zunächst ist (…) zu berücksichtigen, dass unter Anwendung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Summe der Beförderungsdauer und Ruhezeiten bei nicht abgesetzten Kälbern die Dauer von 19 Stunden nicht überschreiten darf, auch wenn die Überschreitung der Gesamtdauer auf eine verlängerte Ruhephase zurückzuführen ist (…). Im vorliegenden Fall überschreitet die Antragstellerin (…) die zulässige Gesamtbeförderungsdauer nicht nur wegen der auf zwei Stunden verlängerten Ruhepause, sondern auch wegen längerer Fahrzeiten, was eine höhere Belastung der Tiere darstellt. Zudem ist in die Wertung einzubeziehen, dass nicht abgesetzte Kälber transportiert werden, deren Ernährung während der Beförderungsintervalle problematisch ist. Ausweislich der vom Gericht eingeholten Stellungnahme einer Amtsveterinärin (…) saugen Kälber im Alter der für den Transport vorgesehenen Tiere unter natürlichen Bedingungen im Schnitt sechsmal, mindestens aber dreimal pro Tag am Euter der Mutter. Unter den Bedingungen der landwirtschaftlichen Tierhaltung würden sie in der Regel zweimal täglich getränkt. Würden Kälber alle 12 Stunden getränkt, so zeigten sie schon deutlich vor dem Fütterungszeitpunkt unspezifische Anzeichen von Hunger. Bei Verzögerungen verstärke sich diese Beeinträchtigung des Wohlbefindens zunehmend. Sukzessive komme es zu einem erheblichen Leiden. Wenn sie nur während der Ruhepause, nicht aber nach Abladung am deklarierten Bestimmungsort mit Milchaustauscher versorgt würden, betrage die Futterkarenz deutlich mehr als 10 Stunden. Beim Bestimmungsort handele es sich im Regelfall nur um ein Verteilerzentrum für Vertragshöfe, wo die Kälber häufig nur Elektrolyte erhielten. Damit sei zu befürchten, dass die Verlängerung der Transportdauer zu einem erheblichen Leiden der transportierten Kälber führe. Beamteten Tierärzten kommt in Tierschutzfragen eine vorrangige Beurteilungskompetenz zu (…). Es erscheint dem Gericht auch plausibel, das die für den Transport vorgesehenen, nicht milchentwöhnten Kälber angesichts ihres geringen Alters äußerst vulnerabel sind und besondere Anforderungen an die Art des Futters und die Regelmäßigkeit der Futtergabe stellen. Damit kann auch eine relativ geringe Überschreitung der Beförderungszeiten sie an die Grenze zu erheblichen Leiden durch Nahrungs- und Flüssigkeitsmangel führen. Die einstündige Verlängerung der zulässigen Beförderungsdauer (…) ist unter diesem Aspekt problematisch. Hinzu kommt, dass die in den Transportmitteln (…) vorgeschriebenen Wasserversorgungssysteme (…) den besonderen Anforderungen an das Futter und die Saugvorrichtungen für noch nicht milchentwöhnte Kälber nicht entsprechen (…).“
(VG Augsburg Beschl. v. 28.9.2020 – 1 E 20.1740, BeckRS 2020, 25079 Rn. 21 – 23, beck-online)
Nach Ansicht der DJGT wird mit dieser Entscheidung den Vorgaben der EU-Tiertransportverordnung umfassend Rechnung getragen, nach deren Artikel 3 „niemand […]eine Tierbeförderung durchführen oder veranlassen [darf], wenn den Tieren dabei Verletzungen oder unnötige Leiden zugefügt werden könnten.“
Dass die Kälber durch Hungern auf dem geplanten Transport sogar erheblich leiden, zeigt die Stellungnahme der Amtstierärztin, die das Gericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Die einzig richtige Konsequenz für das VG Augsburg war daher, die Verweigerung der Abfertigung dieses Transports zu bestätigen.
Ob die Kälberhändlerin Beschwerde bei dem zuständigen Verwaltungsgerichtshof eingelegt hat, ist uns nicht bekannt.