Auf Antrag des Landes Hessen wird morgen im Bundesrat darüber abgestimmt, ob es in Zukunft verboten sein soll, lebende Rinder, Schafe und Ziegen in Tierschutz-Hochrisikostaaten zu transportieren, wo ihnen mit hochgradiger Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer tierschutzwidrigen Behandlung und insbesondere eine ohne Betäubung durchgeführte und mit erheblichen Schmerzen und Leiden verbundene Schlachtung/Schächtung  droht.

Das Tierschutzproblem: Aus zahlreichen Berichten von Journalisten und Nicht-Regierungsorganisationen geht hervor, dass es insbesondere im Nahen Osten, in Nordafrika und in Teilen von Asien Staaten gibt, in denen Tiere, wenn sie aus Deutschland zehntausendfach pro Jahr dorthin transportiert und verkauft werden, unter tierquälerischen Begleitumständen gehalten und schon kurze Zeit nach ihrer Ankunft betäubungslos geschlachtet/geschächtet werden. U. a. zählen dazu die Türkei, Marokko, Usbekistan und der Libanon. Quellen hierzu haben wir und viele andere Tierschutz-Organisationen gesammelt und in unseren Stellungnahmen zu dem Thema veröffentlicht.

Die Behandlung der Tiere in den Tierschutz-Hochrisikostaaten verstößt gegen geltendes Recht und gegen gemeinsame Standards, die sich die Mitglieder der OIE gesetzt haben, in der auch viele der Tierschutz-Hochrisikostaaten Mitglied sind. Die Berichte von NGOs und Journalisten über extrem tierschutzwidrige Behandlungen ud Schlachtungen der Tiere haben das Europäische Parlament schon am 14. Februar 2019 zu der Erkenntnis gelangen lassen, dass Schlachtungen in diesen Ländern „mit extremem und langdauerndem Leiden und regelmäßigen Verstößen gegen internationale Normen für den Tierschutz bei Schlachtungen einhergehen“ und solche Transporte deswegen verboten werden sollten.

Ein nationales Verbot ist möglich.  Der Bundesrat hat die Bundesregierung am 12. Februar 2021 auf ihre Möglichkeit hingewiesen, mit Hilfe einer auf § 12 Abs. 2 Nr. 3 des Tierschutzgesetzes gestützten Rechtsverordnung solche Tiertransporte künftig zu verbieten. Mit dem Recht der Europäischen Union wäre ein solches Tiertransportverbot – wie aus Art. 13 AEUV,  insbesondere aber auch aus Artikel 12 der EU-Tierschlachtverordnung hervorgeht – ohne weiteres vereinbar. Mehrere unabhängige Rechtsgutachten belegen diese Einschätzung. Deren Ergebnisse werden aber insbesondere vom BMEL geleugnet und ein Verbot als europarechtswidrig angesehen – eine juristische Begründung bleibt das BMEL aber schuldig.

Das BMEL sperrt sich. Das BMEL hat bis heute nicht die Absicht, den Transport lebender Rinder und Schafe in diese Länder zu unterbinden oder auch nur einzuschränken. Deshalb hat der zuständige Ausschuss des Bundesrats am 11. Juni 2021 empfohlen, einem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf zur Neuregelung des Rechts der Tiertransporte nur zuzustimmen, wenn darin auch der Transport lebender Tiere in die genannten Staaten verboten wird. Morgen wird der Bundesrat über ein solches Verbot abstimmen.

Unsere Forderung: Die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht fordert die Bundesländer dringend auf, dem geplanten Transportverbot von lebenden Tieren zuzustimmen und so zu verhindern, dass weiterhin große Zahlen – zehntausende jedes Jahr – von in Deutschland geborenen und aufgezogenen Rindern und Schafen in diesen Ländern unter kaum vorstellbaren Schmerzen auf tierquälerische Weise geschlachtet werden. Die Behauptung der Transportunternehmer, mit den Transporten solle eine einheimische Milchviehpopulation aufgebaut werden, ist nicht belegbar. In den relevanten Ländern gibt es keine Populationen von Tieren, die auch nur annähernd den Zahlen der dorthin exportierten Tiere entspricht.

 

Die aktuelle Pressemitteilung zu diesem Thema finden Sie hier: 21_06_24_DJGT_PM_Exportverbot_Ausschussempf_BR_2