10 Millionen Hunde und 15 Millionen Katzen leben in deutschen Haushalten, Tendenz steigend. Insbesondere in der Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach einem tierischen Begleiter hoch, so hoch, dass verantwortungsvolle Züchter der Nachfrage, vor allem nach Rassehunden, nicht nachkommen können. Die meisten Tierheime und Tierschutzvereine denken sorgsam darüber nach, an wen sie Tiere vermitteln. Einige vermitteln daher nur weniger Tiere als möglich, denn die Haltung eines Heimtieres ist mit hohen Anforderungen verbunden, die viele nicht erfüllen können – so zum Beispiel genügend Zeit für das Tier, genügend Geld für den Tierarzt und genügend Platz für eine artgerechte Haltung, im besten Fall ein wenig Fachkenntnis über das gewünschte Tier. Süße Hundewelpen einfach per Mausklick im Internet zu kaufen ist in diesen Zeiten beliebt, die Händler interessiert es nicht, wo das Tier im Endeffekt hinkommt.

Doch hinter diesem Welpenhandel verbirgt sich ein grausames Geschäft, für Mensch und Tier beiderseits, eine gewaltige tierausbeutende Industrie. Denn in vielen Fällen werden die Welpen im Ausland, häufig in Osteuropa „produziert“, die Elterntiere dienen einzig dem Welpennachschub, im Fokus steht allein der Profit. Für möglichst schnellen Handel werden die Welpen viel zu früh dem Muttertier weggenommen. Einer Statistik des deutschen Tierschutzbundes aus 2020 zufolge waren die Tiere in mindestens 66 % der Fälle zu jung, in 39 % der Fälle zwischen 8 und 15 Wochen alt, nach dem Gesetz dürften sie jedoch erst ab einem Alter von 15 Wochen überhaupt erst zwischen den EU-Staaten transportiert werden – und dies sind wohlgemerkt nur die Fälle, die aufgedeckt wurden (siehe „Illegaler Heimtierhandel in Deutschland – Auswertung bekannt gewordener Fälle aus dem Jahr 2020 mit Ausblick auf das erste Quartal 2021“ abrufbar unter https://www.tierschutzbund.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Hintergrundinformationen/Heimtiere/Illegaler_Heimtierhandel_in_Deutschland_2020.pdf). Für die Haltung der Tiere wird so wenig Geld wie möglich aufgewendet, die Tiere leben in dunklen, dreckigen Zwingern und haben keinen Kontakt zum Menschen oder zu Artgenossen, die wichtige Sozialisierung bleibt aus. Vor allem die medizinische Versorgung ist zu teuer, die Tiere werden weder geimpft noch gechippt oder überhaupt vor dem Verkauf untersucht, sie leiden häufig unter Giardien, Untergewicht, Haut- und Augenproblemen oder schweren Krankheiten wie Parvovirose. Von der langen Fahrt sind die Tiere zusätzlich geschwächt.

Der Verkauf wird meistens über Kleinanzeigen-Portale im Internet abgewickelt. Dort finden sich tausende Inserate mit süßen Bildern und trügerisch positiven Texten. Nach Kontaktaufnahme zum Händler wird das Tier sehr schnell an einem öffentlichen Ort, einem Parkplatz oder direkt aus dem Kofferraum heraus verkauft, Papiere sind entweder nicht vorhanden oder gefälscht. Unwissende Käufer bekommen, für wenig oder auch sehr viel Geld, einen vollkommen kranken, unsozialisierten, jungen Welpen. Häufig ist der Spaß danach kurz: Spätestens beim ersten Besuch beim Tierarzt offenbart sich der schlechte Allgemeinzustand der Tiere, eine Behandlung ist teurer als der Kauf selbst – in diesen Fällen landet der Welpe im Tierheim auf der Quarantänestation oder bleibt direkt beim Tierarzt, viele überleben ihre Krankheiten und die schlechte Versorgung während ihren ersten Lebenswochen nicht. Können die Tiere wieder stabilisiert werden, fangen die Mühen mit der Erziehung und Vermittlung an, die Tierheime sind schnell überbesetzt und an ihren Grenzen. Neben dem Leiden der Tiere und dem Verlust für den Käufer ist auch die menschliche Gesundheit gefährdet, denn den Welpen fehlt beispielsweise die wichtige und vorgeschriebene Tollwut-Impfung, sodass sich auch Krankheiten auf den Menschen übertragen können.

Der Begriff macht seinem Namen alle Ehre: beim Welpenhandel wird das Tier zur „Ware“. Kann man kein Geld mehr mit ihnen machen, werden sie ausgesetzt oder sich selbst überlassen. Tierschutzvereine fordern schon lange bessere Kontrollen und Gesetze, um dem illegalen Welpenhandel den Boden zu entziehen. Denn schon jetzt verstoßen die Händler gegen zahlreiche Vorschriften, sind jedoch nicht nachverfolgbar und aufgedeckt werden nur wenige Transporte. Das Internet macht den Handel leicht und die Restriktion nahezu unmöglich. Online-Plattformen erfassen keine Daten von ihren Händlern, mit einem Pseudonym angemeldet kann man quasi tun, was immer man möchte. Nach Abwicklung des Verkaufs sind die Händler nicht mehr erreichbar. Hier braucht es dringend spezielle Vorschriften, die gerade diese Grundlage für rechtswidriges Handeln nehmen. Die Anonymität des Internets muss aufgehoben werden und der Verkauf aus dem Kofferraum verboten werden. Ein Verbot, wie das genannte, kann in den einzelnen Verboten in § 3 des Tierschutzgesetzes festgesetzt werden und wäre somit bei Verstoß mit bis zu fünfundzwanzigtausend Euro Bußgeld zu ahnden. Nachfolgend ein Vorschlag für die Formulierung:

  • 3 Satz 1 Nr. 14 TierSchG

[Es ist verboten,]

  1. Heimtiere im öffentlichen Straßenraum, auf öffentlichen Plätzen oder Märkten unter freiem Himmel, auf öffentlichen Wegen, aus Parkplätzen oder aus dem Auto heraus zu verkaufen oder zum Verkauf anzubieten

Auch durch besondere Anforderungen an Online-Plattformen kann der Online-Handel mit Heimtieren besser reguliert werden. Am 11. Oktober 2019 hatte der Bundesrat die Entschließung gefasst, die Bundesregierung solle Vorschriften erlassen, mit denen u.a. Betreiber von Online-Portalen, auf denen mit Heimtieren und Wirbeltieren wildlebender Arten gehandelt wird, verpflichtet werden, auch von nicht gewerblichen Anbietern auf ihren Portalen eine Registrierung oder zumindest Anbieterkennzeichnung einzufordern (BR-Drs. 425/19 (B) vom 11.10.2019). Anbieter, die dieser Forderung nicht genügend nachkommen, müssen für den Verkauf gesperrt werden. Die Daten der Anbieter müssen von den Plattformen gespeichert und für die zuständige Behörde auf Verlangen zugänglich gemacht werden. Eine gesetzliche Grundlage für die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten könnte mit folgender Vorschrift geschaffen werden:

§ NEU TierSchG Besondere Anforderungen an den Betrieb von Online-Plattformen

Betreiber von Online-Plattformen zum Zwecke des Tausches, des Verkaufes, der unentgeltlichen Abgabe oder Zur-Verfügung-Stellung von Tieren durch Dritte, müssen von allen Anbietern, die Tiere zum Tausch, Kauf, der unentgeltlichen Abgabe oder Zur-Verfügung-Stellung anbieten möchten, folgende Daten erheben und speichern:

  1. Name, Postadresse sowie Kopie des Personalausweises des Anbieters, in Verbindung mit dem Anbieternamen bzw. –pseudonym auf der Online-Plattform,
  2. eine Abschrift der dem Anbieter zuzuordnenden erforderlichen Erlaubnis,
  3. die Mikrochipnummer des Transponders jedes zum Tausch, Kauf, oder der unentgeltlichen Abgabe oder Zur-Verfügung-Stellung angebotenen Tieres, soweit vorhanden,
  4. den Namen und die Postadresse von Zucht- oder Haltungsstätten der angebotenen Tiere, wenn diese von dem Namen und der Postadresse des Anbieters abweichen,
  5. im Fall von Hunden eine Abschrift des gültigen Impfausweises, der den nach § 1 Nummer 3 der Verordnung zum Schutz gegen die Tollwut bestimmten wirksamen Impfschutz nachweist. Für die Abschrift sind durch die erstellende Behörde gestempelte Kopien oder elektronische Erfassung der vorgenannten Kopie nötig.

Die Anbieter sind bei der Registrierung als Anbieter auf der Online-Plattform verpflichtet, dem Betreiber die unter Absatz 1 genannten Daten und Dokumente mitzuteilen und zugänglich zu machen.

Vor der vollständigen Übermittlung der in Absatz 1 genannten Daten und Dokumente darf ein Angebot des Anbieters auf der Online-Plattform nicht freigeschaltet werden.

Die in Absatz 1 genannten personenbezogenen Daten müssen sicher aufbewahrt werden und dürfen nur einem beschränkten Personenkreis zugänglich sein.

Die Erhebung und Verarbeitung der in Absatz 1 genannten personenbezogenen Daten durch den Betreiber einer Online-Plattform im Sinne von Absatz 1 Satz 1 dient der Erfüllung von Aufgaben der zuständigen Behörde nach diesem Gesetz, nach einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder eines Rechtsaktes der Europäischen Union, der den Tierschutz zum Gegenstand hat.

Die zuständige Behörde darf zur Durchführung dieses Gesetzes, insbesondere zum Zwecke der Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen oder unmittelbar anwendbaren Rechtsakte der Europäischen Union auf dem Gebiet des Tierschutzes, die den Schutz von Tieren zum Gegenstand haben, die nach Absatz 1 erhobenen Daten bei dem Betreiber der Online-Plattform einsehen und verarbeiten. Der Betreiber einer in Absatz 1 Satz 1 genannten Online-Plattform hat der zuständigen Behörde die unter Absatz 1 genannten Daten auf deren Verlangen zugänglich zu machen.

Meldet sich ein Anbieter von der Online-Plattform ab, so müssen dessen gespeicherte personenbezogene Daten drei Jahre nach dessen Abmeldung gespeichert werden. Sodann müssen sie gelöscht werden, sofern sich der Anbieter zwischenzeitlich nicht erneut bei der Online-Plattform angemeldet hat.

Diese Regelung ist im Angesicht des Tierleides und der Schäden, insbesondere für den Käufer, verhältnismäßig und dringend erforderlich. Sie liegt im öffentlichen Interesse und verfolgt ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel: Die Verwirklichung effektiven Tierschutzes, der seit 2002 mit Art. 20a GG Verfassungsrang hat und somit die Möglichkeit innehat, auch vorbehaltlos gewährte Grundrechte zu beschränken. Der zusätzliche Arbeitsaufwand, der mit dieser Regelung einhergeht, läge vor allem auf Seiten der Tierhändler und –züchter und wiegt unter den gegebenen Umständen weniger schwer, als ein Beibehalten des Status quo. Daneben ist es für seriöse Verkäufer ein nur unerheblicher Mehraufwand, da diese die genannten Daten sowieso in den meisten Fällen zur Verfügung stellen. Das skrupellose Geschäft mit Tieren darf nicht weiterhin unter den Radar des Tierschutzgesetzes fallen und ist unter Sanktionierung zu unterbinden.