In einem heute veröffentlichten offenen Brief fordern acht Tierschutzorganisationen – darunter die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht – Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir auf, grausame Lebendtiertransporte aus Deutschland in Drittstaaten außerhalb der EU durch eine nationale Rechtsverordnung zu verbieten. Zu den unterzeichnenden Tierschutzorganisationen gehören ebenfalls die globale Tierschutzstiftung VIER PFOTEN, Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e. V., der Bundesverband Tierschutz e.V., PROVIEH e. V., Animal Welfare Foundation, der Bund gegen Missbrauch der Tiere e. V. und die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt.

Die Organisationen begrüßen, dass das Bundeslandwirtschaftsministerium deutsche Veterinärbescheinigungen für Exporte lebender Rinder, Schafe und Ziegen zur Zucht aus Deutschland in Länder außerhalb der Europäischen Union zum 1. Juli 2023 zurückziehen will. Allerdings geht der Effekt dieses Schrittes nicht über eine Signalwirkung hinaus. Minister Özdemir sagt, dass er alles rechtlich Mögliche getan habe, um Lebendtiertransporte in Drittstaaten zu begrenzen. In der TV-Sendung ,maischberger‘ hatte er sogar angegeben, dass per Anordnung keine Transporte mehr in Drittstaaten stattfinden würden. „Doch Fakt ist: Deutsche Transporte in Drittstaaten werden weitergehen. Um dies zu verhindern, muss Minister Özdemir den Export deutscher Lebendtiertransporte in Drittstaaten verbieten. Dass dies rechtlich möglich ist, stellen mehrere Gutachten, darunter eines der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages fest. Diese rechtlich fundierten Gutachten werden bislang noch ignoriert“, so die stellvertretende Vorsitzende der DJGT Dr. Barbara Felde.

Es ist ein gutes Zeichen, dass Deutschland sich auf EU-Ebene mit Belgien, den Niederlanden, Schweden und Dänemark für Verbesserungen des Tierschutzes bei Transporten im Agrarrat stark gemacht hat. Aber es reicht nicht, auf eine in weiter Ferne liegende EU-weite Lösung zu warten, die noch jahrelanges Tierleid auf den grausamen Tiertransporten bedeutet. Deutschland muss jetzt eine Vorreiterrolle einnehmen, um ein Verbot auf EU-Ebene zu forcieren. Nur wenn es Mitgliedstaaten gibt, die bereits ein nationales Verbot umgesetzt haben, wird ein EU-weites Verbot wahrscheinlich. Die Organisationen appellieren deswegen an den Minister Özdemir: Gehen Sie als grüner Bundeslandwirtschaftsminister mit einem klaren nationalen Drittlandexportverbot voran und setzen Sie ein wirkungsvolles Zeichen für die Tiere.

Es ist davon auszugehen, dass die Händler bis zum 1. Juli 2023 voraussichtlich so gut vorbereitet sein werden, dass die Transporte ungebremst weitergehen können. Denn Tiere können trotz entzogener Bescheinigung durch das Bundesministerium weiter in Länder außerhalb der EU exportiert werden: Ein Entzug der Veterinärzertifikate ist nicht mit einem Exportverbot gleichzusetzen. Darüber hinaus betrifft das Zurückziehen der bilateralen Veterinärbescheinigungen nicht alle Drittstaaten, in die Deutschland lebende Tiere transportiert: So bestehen zum Beispiel für einige Drittländer weiterhin Veterinärzertifikate, die zwischen der EU und Drittländern verhandelt wurden. Für viele Exporte in Staaten wie beispielsweise Russland, die Türkei, Kasachstan oder Usbekistan ändert sich durch die Handlungen des Ministeriums nichts.

Jedes Jahr werden Zehntausende Rinder von Deutschland aus in EU-Länder und in weit entfernte Drittstaaten wie Algerien, Marokko oder nach Ägypten transportiert. Die Tiere leiden tage- bis wochenlang unter Hitze oder Kälte, Durst, Hunger, Verletzungen, Stress und Angst. Vorgeschriebene Pausen werden nicht eingehalten, kaum ein Transport wird kontrolliert. Außerhalb der EU kann die Einhaltung der Tierschutzvorgaben nicht mehr überprüft werden. Verstöße gegen geltendes Recht sind an der Tagesordnung.

Bei Schiffstransporten werden die Tiere gewaltsam in die Schiffe ein- und ausgeladen, immer wieder werden ihnen dabei Knochen und Gliedmaßen gebrochen. Wochenlang sind die Tiere auf dem Meer, viele von ihnen sterben unterwegs an Erschöpfung. Tierärzte sind in der Regel nicht an Bord. Verstorbene Tiere werden über Bord geworfen, was in der Vergangenheit bereits die öffentliche Gesundheit gefährdet hat. Der Transport auf Schiffen gilt als Pausenzeit und fließt nicht in die Transportzeit ein.

Am Zielort werden die Tiere meist ohne Betäubung auf grausame Art getötet. Die Missstände sind seit langem bekannt und verschiedene Rechtsgutachten bestätigen, dass ein Verbot auf nationaler Ebene möglich ist. „Ein nationales Verbot von Tiertransporten in Drittstaaten ist lange überfällig und dringend erforderlich.

Zum Offenen Brief geht es hier.

Die Pressemitteilung der DJGT können Sie hier abrufen.

Die unterzeichnenden Organisationen: Die globale Tierschutzstiftung VIER PFOTEN, Menschen für Tierrechte – Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V., der Bundesverband Tierschutz e.V., Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e. V., PROVIEH e. V., Animal Welfare Foundation, der Bund gegen Missbrauch der Tiere e. V. und die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt.