Am 9. Juni haben sich 53,5% und damit die Mehrheit der Bürger Limburgs in einem Bürgerentscheid dafür ausgesprochen, die örtliche Taubenpopulation per Genickbruch reduzieren zu lassen. Während in Städten wie Gießen, Kassel oder Frankfurt andere, tierfreundliche Methoden zur Eindämmung der Taubenpopulation gewählt wurden, hat man in Limburg einer martialischen Alternative den Vorzug gegeben: Tauben sollen künftig durch Genickbruch, der einem Stockschlag folgt, aus dem Stadtbild entfernt werden. Dies wurde von der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Limburg ursprünglich am 13. November 2023 entschieden
Auch wenn der Bürgerentscheid den Beschluss der Stadtverordneten theoretisch bestätigt, bleibt dieser jedoch durch seinen Verstoß gegen § 1 Satz 2 TierSchG i. V. m. § 17 Nr. 1 TierSchG rechtswidrig und das Töten der Tauben, wenn es denn vollzogen wird, eine Straftat: Der geforderte vernünftiger Grund für eine legale, nicht strafbare Tötung ist hier nicht erkennbar. In Limburg leben nach Zählungen von Seiten der Stadtverordneten ca. 700-1.000 Tauben. Zu viele Tauben, die Probleme hervorrufen, so die Stadt. Den Tauben droht aufgrund dessen der gewaltsame Tod; gerechtfertigt ist dies freilich nicht. Für die Rechtmäßigkeit des brutalen Vorgehens ein Urteil des hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. September 2010 (8 A 396/10) heranzuziehen, ist kein valides Argument, denn in diesem Urteil wurde keineswegs eine generelle Erlaubnis zur Tötung von Tieren erteilt. Es ist aufgrund einer veränderten Faktenlage heute im Übrigen veraltet.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum vernünftigen Grund i. S. d. § 1 S. 2 TierSchG kann sich die Stadt auch nicht darauf berufen, die Etablierung und Betreuung von Taubenschlägen sei zu kostenintensiv. Wirtschaftliche Gründe sind für sich genommen schon nicht in der Lage, einen vernünftigen Grund zu begründen und können daher auch nicht als vorrangiges Argument gegen die weniger tierbelastende Maßnahme vorgebracht werden. Schlicht formuliert: Man kann die Tauben nicht deshalb töten, weil die Alternative zu teuer erscheint. Dies wird noch weiter ad absurdum geführt, da die Tötungen ineffektiv sind und damit eine völlig unnötige Geldausgabe wären. Denn aufgrund der freien Reviere kommen sehr schnell wieder Tauben in die Stadt. Zudem wurde verlautbart, man wolle nach den Tötungen dann Taubenschläge etablieren – ein Hohn, der alle finanziellen Argumente aushebelt.
Andere Gründe, die gegen die Errichtung von Taubenschlägen sprechen, sind auch nicht ersichtlich. Ganz im Gegenteil zeigen andere Städte, dass Taubenschläge ein zwecksicheres und zudem auch wirtschaftlich handhabbares Mittel darstellen, so z. B. das Augsburger Stadttaubenkonzept. Dieses stellt ein tierschutzgerechtes Konzept zur Regulierung und Reduzierung der Stadttauben zum Wohle von Mensch und Tier dar. Die Stadt Augsburg betreibt heute etwa 10 betreute Taubenschläge im Stadtgebiet, in denen die Tauben versorgt und ihre Eier gegen Ei-Attrappen ausgetauscht werden. Die Tauben erhalten artgerechtes Futter, sodass sich die Tiere die meiste Zeit des Tages dort aufhalten und nicht mehr in der Innenstadt herumlaufen, um dort „Futter“ wie z. B. weggeworfene Essensreste von Menschen zu suchen. Sie sind somit gleichermaßen in großen Teilen aus dem Stadtbild verschwunden und ihre Population wird kontrolliert und bleibt klein und gesund. Außerdem werden die Taubenschläge regelmäßig gesäubert und desinfiziert. Der in den Schlägen gebundene Taubenkot entlastet das Stadtgebiet. Warum ein gleichermaßen milderes wie auch effektiveres Mittel in der Stadt Limburg nicht angewendet werden sollte, leuchtet nicht ein.
Es mangelt aber nicht nur an einem vernünftigen Grund, es fehlt überdies an der Erforderlichkeit der geplanten Maßnahme. Denn die Stadt Limburg ist verpflichtet, unter mehreren geeigneten Mitteln dasjenige zu wählen, das eine geringere Belastung für die Tiere mit sich bringt. Dies gälte selbst dann, wenn die weniger tierbelastende Maßnahme im Ergebnis weniger zwecksicher und teurer wäre. Alles in Allem bliebe damit die Tötung der Tauben Limburgs eine Straftat nach § 17 Nr. 1 TierSchG.
Die DJGT hat sich auch in einer Pressemitteilung zu dem Bürgerentscheid geäußert. Die Pressemitteilung vom 11. Juni 2024 kann hier abgerufen werden.