Unter Berufung auf die Aufrechterhaltung „heimischen Brauchtums“ findet am morgigen 20. Juli 2024 der jährliche „Fischertag“ Memmingen statt. Um 8 Uhr werden ca. 1.200 Menschen in den fast vollständig abgelassenen Stadtbach springen und innerhalb von 30 Minuten Jagd auf die  schwerste Forelle machen. Tausende Besucher werden hierbei zuschauen.

Die Fische werden bei dieser Prozedur massivem Stress ausgesetzt, werden getreten, zertrampelt, zerquetscht, gekescht und in Eimer umgefüllt, in denen sich teilweise zu wenig oder gar kein Wasser befindet, während die Fischfänger in der Schlange vor dem Zelt anstehen, in dem die Tiere getötet werden sollen.

Die größten Fische werden in ein Becken gesperrt und gewogen. Wer die schwerste Forelle gefangen hat, wird in einer Zeremonie als „Fischerkönig“ prämiert.

Der „Fischertag“ stößt bereits seit vielen Jahren auf Kritik von Tierschützern. Wettfischen stellt einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar und ist verboten, was die Verantwortlichen der Stadt Memmingen und des organisierenden Vereins „Fischertagsverein Memmingen e.V.“ allerdings nicht davon abhält, an der tierquälerischen Veranstaltung festzuhalten.

Wie lange die Stadt Memmingen die Verstöße gegen das Tierschutzrecht und die Begehung der Straftaten nach § 17 Nr. 1 TierSchG allerdings noch mit dem Verweis auf Tradition und Brauchtum wird ignorieren können, ist allerdings eine andere Frage.

Die auf einer Wettfischveranstaltung vorgenommenen Handlungen – Tötung der Tiere und Zufügung erheblichen und länger anhaltenden Leids – stellen – auch in Bayern – Straftaten dar. Der brachiale Umgang mit den Tieren, die vor Schmerzen wild zucken und teilweise mehr als eine halbe Stunde dem Stress eines Erstickungstodes ausgesetzt werden, stellt einen Verstoß gemäß § 17 Nr. 1 und Nr. 2 TierSchG dar.

Laut Tierschutzgesetz darf ein Wirbeltier nur aus einem „vernünftigen Grund“ getötet werden. „Spaß“, „Unterhaltung“ oder „Tradition“ sind keine nach dem Tierschutzgesetz vorgesehenen „vernünftige Gründe“, ein Wirbeltier qualvoll zu fangen oder zu töten. Beim „Fischertag“ in Memmingen werden die Fische also ohne „vernünftigen“ Grund und unter Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot getötet.

Trotz Strafanzeigen gegen die Veranstalter und Teilnehmer (zuletzt hatte die Tierschutzorganisation PETA im Jahr 2023 die erst- bis drittplatzierten „Fischerkönige“ wegen Tierschutzrechtsverletzungen angezeigt), wurden diese Verfahren von der Staatsanwaltschaft bislang noch jeweils eingestellt.

Zahlreiche Staatsanwaltschaften, zwei davon in Bayern, haben bei Wettangelveranstaltungen allerdings bereits Verstöße gegen das Tierschutzgesetz bestätigt. In Verfügungen der Staatsanwaltschaften Regensburg vom 21. März 2018 (Az. 103 Js 4867/18), der Staatsanwaltschaft Würzburg vom 13. Juli 2015 (Az.: 612 Js 12165/14), der Staatsanwaltschaft Münster vom 19. März 2014 (Az.: 540 Js 1433/13) und der Staatsanwaltschaft Mannheim (Az.: 622 Js 21593/20) wurde ausdrücklich festgestellt, dass es sich beim Wettfischen um eine Straftat und einen Verstoß gegen § 17 Nr. 1 Tierschutzgesetz handelt. Dies auch dann, wenn der Fisch anschließend verzehrt wird. Ein späterer Verzehr komme als „vernünftiger Grund für die Tötung“ nicht in Betracht, wenn nicht mehr der Verzehr, sondern der Wettbewerbsgedanke Leitmotiv des Angelns und folglich des Tötens sei.

Die DJGT hat den Oberbürgermeister der Stadt Memmingen sowie den organisierenden Verein Fischertag Memmingen e.V. angeschrieben und dazu aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die Wettfischveranstaltung „Fischertag“ Memmingen nicht mehr stattfindet. Gleichzeitig hat die DJGT darauf hingewiesen, dass die im Rahmen der Veranstaltung begangenen Tierschutzrechtsverletzungen gegen die Verantwortlichen zur Anzeige gebracht werden.

Aus gutem Grund herrschen in Brandenburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen bereits gesetzliche Wettangelverbote. Allerdings sollten die Verantwortlichen sich auch ohne explizites Verbot in der Lage sehen, „Traditionen“ nicht auf Kosten von Tieren auszuleben. Eine tierquälerische Veranstaltung, bei der die hundertfache Begehung von Straftaten „eingepreist“ wird, ist schlicht nicht mehr zeitgemäß. „Tradition“ kann weder Tierquälerei noch die Begehung von Straftaten rechtfertigen.