Nachdem der Gesetzentwurf für die Änderung des Tierschutzgesetzes und des Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetzes (Bundestags-Drucksache 20/12719) in der Ersten Lesung am 26. September 2024 in den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft verwiesen worden war, fand am 14. Oktober 2024 eine Sachverständigenanhörung in diesem Ausschuss statt, in der auch die stellvertretende Vorsitzende der DJGT, Dr. Barbara Felde, als Sachverständige angehört wurde. Zudem waren Vertreter von Bauernverbänden, aus der Tierärzteschaft und von Tierschutzorganisationen (Deutscher Tierschutzbund, Vier Pfoten) als Sachverständige vertreten. Auch die Unabhängige Beauftragte für Tierschutz der Bundesregierung, Ariane Kari, ist als Sachverständige zu Wort gekommen.
In der Anhörung wurde deutlich, dass Vertreter der Tiernutzung die tierquälerische Anbindehaltung von Rindern so lange wie möglich aufrecht erhalten wollen und die Leiden der Tiere mit der Beweidung von Skipisten und der Erhaltung der offenen Landschaften, die die Touristen so mögen, rechtfertigen. Nach dem Gesetzentwurf wäre – trotz mehrerer gerichtlicher Entscheidungen, durch die die Tierschutzwidrigkeit dieser Haltungsform deutlich bestätigt wird – die ganzjährige Anbindehaltung noch zehn Jahre nach Inkrafttreten dieser Änderung „zulässig“ – eine nur vermeintliche Zulässigkeit, denn da die ganzjährige Anbindehaltung offensichtlich gegen § 2 des Tierschutzgesetzes verstößt, kann sie im Prinzip nicht zulässigerweise durch eine Übergangsvorschrift für erlaubt erklärt werden.
Ein wichtiger Fortschritt im Tierschutz wäre die durch den Gesetzentwurf vorgesehene verpflichtende Videoüberwachung von Schlachthöfen. Der Gesetzentwurf nimmt aber durch eine Ausnahmevorschrift eine Vielzahl von Betrieben aus der Überwachungspflicht aus, nämlich die, die weniger als 1.000 Großvieheinheiten Säugetiere oder 150.000 Geflügeltiere oder Kaninchen im Jahr schlachten. Das sind keine kleinen Betriebe, sondern eine große Zahl der deutschen Schlachteinrichtungen, die durchaus größer sind als das, was man sich unter einem „Kleinbetrieb“ vorstellt. Die Ausnahme von der Videoüberwachung für diese Betriebe muss im weiteren parlamentarischen Verfahren dringend aus dem Gesetzentwurf gestrichen werden, denn auch die Begründung des Gesetzentwurfs hat richtig erkannt, dass schwere Tierschutzverstöße auch in den Betrieben, die von der Überwachung ausgenommen werden sollen, vorgekommen sind.
Nach der Anhörung bleibt nun abzuwarten, ob der Gesetzentwurf noch einmal – dem Staatsziel Tierschutz entsprechend – angepasst wird.