In Hessen ist am 25. März 2022 die „Verordnung über den Umfang der Dokumentations- und Berichtspflichten zu alternativen Verfahren bei Tierversuchen (Tierversuch-Alternativen-Dokumentationsverordnung – TierVersAltDokV)“ in Kraft getreten (GVBl. S. 150). Sie gilt zunächst bis zum 31. Dezember 2028. Die TierVersAltDokV enthält Versäumnisse, die dazu führen, dass sie das Ziel, Tierversuche an Hochschulen zu ersetzen, nicht fördern kann, sondern lediglich ein zahnloser Papiertiger ist.

Rechtslage nach dem Hessischen Hochschulgesetz

Nach § 21 Abs. 5 Hessisches Hochschulgesetz (HHG) sind in der Forschung Tierversuche nur dann zulässig, wenn sie nicht durch alternative Verfahren ersetzt werden können.

Ziel der Tierversuch-Alternativen-Dokumentationsverordnung

Nach der neuen TierVersAltDokV müssen hessische Hochschulen die von ihnen angewendeten oder entwickelten Verfahren dokumentieren, die zur Verringerung, Verfeinerung oder Ersetzung von Tierversuchen führen und dies einmal im Jahr an den Hochschul-Senat berichten. Für die Berichte sind als Anlage zur Verordnung Musterformulare angehängt. Ziel ist es ausweislich der Begründung des Verordnungsentwurfs nämlich, „… die Tierversuche an Hochschulen durch alternative Verfahren zu ersetzen“.

Kritik an der nicht zielführenden Verordnung

Die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht e. V. (DJGT) hatte bereits bei der Planung der Verordnung im Rahmen einer Verbändeanhörung im Mai 2021 Gelegenheit, zu dem Entwurf des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst Stellung zu nehmen.

Bereits in dieser Stellungnahme hat die DJGT fehlende Regelungen sowie die fehlende Förderung des Ziels kritisiert:

So passiert mit den einmal jährlich zu erstattenden Berichten an den Hochschul-Senat nichts weiter. Weder müssen die Berichte hochschulintern oder öffentlich bekannt gemacht werden, noch müssen die entwickelten Alternativverfahren und deren Evaluationen für die Fachwelt publiziert werden. Mit einer Veröffentlichung hätten auch andere Hochschulen und weitere Tier-Experimentatoren die Möglichkeit, diese Verfahren anzuwenden, um so Tierversuche zu verringern oder zu ersetzen. Der Hochschul-Senat kann die Berichte schlicht in die Schublade legen.

Die Musterformulare für die Berichte sind ebenfalls unzureichend. Nach diesen ist es ausreichend, wenn lediglich zur ersten Frage „Wurde im Kalenderjahr ein alternatives Verfahren entwickelt oder erstmals angewendet?“ das Kästchen mit der Antwort „Nein“ angekreuzt wird. Diesem „Nein“ folgt keine Begründungspflicht. Folgefragen müssen, wenn die Antwort „Nein“ angekreuzt wird, gar nicht beantwortet werden. Es ist damit sehr viel weniger Arbeit für Personen, die Tierversuche durchführen, sich einfach nicht um ihre Pflicht, tierversuchsfreie Methoden zu entwickeln, zu kümmern und in den jährlichen Berichten das Kästchen „Nein“ anzukreuzen. Dies ist ausreichend, um die Berichtspflicht aus der Verordnung einzuhalten. Fehlende Bemühungen um die Ersetzung von Tierversuchen bleiben schlicht folgenlos. Und auch aus einer Nicht-Abgabe des jährlichen Berichts folgt: Nichts.

Fehlende Eignung zur Erreichung des gesteckten Ziels

Mit der Tierversuch-Alternativen-Dokumentationsverordnung kann das von der Begründung des Verordnungsentwurfs genannte Ziel „… die Tierversuche an Hochschulen durch alternative Verfahren zu ersetzen“ weder erreicht noch gefördert werden.

Mit der Stellungnahme im Rahmen der Verbändeanhörung hat die DJGT konkrete Vorschläge unterbreitet, wie die Verordnung und die Musterformulare formuliert werden könnten, um der Verordnung überhaupt erst dazu zu verhelfen, das Ziel der Ersetzung von Tierversuchen an hessischen Hochschulen zu fördern. Das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst hat diese Änderungsvorschläge nicht berücksichtigt, sondern die Verordnung mit genau den gleichen Versäumnissen verkündet, die bereits der Entwurf enthielt.

Die Stellungnahme der DJGT zu der nun in Kraft getretenen Verordnung kann hier abgerufen werden:

https://djgt.de/wp-content/uploads/2022/04/22_04_12_DJGT_Stellungnahme_TierVersAltDokV_HE.pdf