Die Europäische Kommission hat ein sog. Aufforderungsschreiben an Deutschland übermittelt und damit ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland (INFR(2023)2179) eingeleitet, weil in Deutschland die Maßnahmen zur Erhaltung wild lebender Vogelarten gemäß der Vogelschutzrichtlinie (2009/147/EU) nicht hinreichend umgesetzt wurden.

Sowohl im europäischen Grünen Deal als auch in der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 wird darauf hingewiesen, dass der Verlust an biologischer Vielfalt in der EU unbedingt gestoppt werden muss, indem die Artenvielfalt geschützt und wiederhergestellt wird. Die Vogelschutzrichtlinie ist für die Erhaltung der biologischen Vielfalt von entscheidender Bedeutung, da sie dem Schutz der 500 wild lebenden Vogelarten in der EU dient.

Deutschland hat für fünf Vogelarten keine Ausweisung der geeignetsten Gebiete als besondere Schutzgebiete vorgenommen und damit kein ausreichend kohärentes Netz solcher Gebiete geschaffen, wie es die Richtlinie fordert. Darüber hinaus wurden noch keine Erhaltungsmaßnahmen für 220 von den 742 bestehenden Schutzgebieten festgelegt. Deutschland hat ferner das Schutzgebiet „Unterer Niederrhein“, in dem die Zahl der geschützten Vogelarten erheblich zurückgegangen ist, nicht ausreichend geschützt.

Nach Ansicht der Kommission reichen die von Deutschland innerhalb und außerhalb des Netzes der Schutzgebiete ergriffenen Maßnahmen bislang nicht aus, um die Anforderungen der Richtlinie zu erfüllen. Dies hat zu einem deutlichen Rückgang der Populationen geschützter Vogelarten geführt.

Vor diesem Hintergrund hat die Kommission ein Aufforderungsschreiben („letter of formal notice„) an Deutschland übermittelt, das nun zwei Monate Zeit hat, um auf die vorgebrachten Beanstandungen zu reagieren.

Erst im vergangenen September hatte der EuGH in einem Urteil festgestellt, dass Deutschland gegen seine Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 4 der FFH-Richtlinie verstoßen hat, weil 88 der 4.606 in Rede stehenden Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nicht als besondere Schutzgebiete ausgewiesen wurden, und weil für die in Rede stehenden Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung keine detaillierten Erhaltungsziele festgelegt wurden. Darüber hinaus wurde ein Verstoß gegen die Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1 der FFH-Richtlinie festgestellt, weil Deutschland für 737 der 4.606 in Rede stehenden Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nicht die nötigen Erhaltungsmaßnahmen festgelegt hat.

Wir werden das Verfahren weiter im Blick behalten.