…auch nicht im Namen der Religion. Nachdem der EuGH im Jahr 2020 bereits zu einem in der flämischen und wallonischen Region in Belgien geltenden Verbot, Tiere ohne jegliche Betäubung zu schächten, geurteilt hatte, dass dieses mit Tierschutzerwägungen begründete Verbot nicht die Religionsfreiheit von Juden und Muslimen verletzt (EuGH, Urteil vom 17. Dezember 2020, C-336/19), hat nun auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschieden, dass dieses Verbot auch nicht gegen die Religionsfreiheit gewährende Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verstößt und auch keine Diskriminierung darstellt. In der Rechtssache Executief van de Moslims van België und andere ./. Belgien entschied der EGMR am 13. Februar 2024, dass Belgien nicht gegen das Recht auf Religionsfreiheit verstößt und dass auch keine Verletzung des Diskriminierungsverbots vorliegt. Dieses Urteil bezieht sich ebenso auf das Verbot der rituellen Schlachtung von Tieren ohne vorherige Betäubung in der flämischen und wallonischen Region Belgiens, welches bereits Gegenstand der Entscheidung des EuGH aus 2020 war. Der EGMR stellte insbesondere fest, dass der Erlass solcher Vorgaben, die das Schlachten von Tieren ohne vorherige Betäubung faktisch verbieten, die reversible Betäubung für rituelle Schlachtungen jedoch zulassen, den Ermessensspielraum der nationalen Behörden nicht überschritten hat. Der EGMR betonte, dass er in dieser Entscheidung zum ersten Mal geprüft habe, ob das Ziel des Tierschutzes Einschränkungen der Religionsfreiheit rechtfertigen könne. Er stellte fest, dass das Verbot „in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Ziel stand, nämlich dem Tierschutz als Element der ‚öffentlichen Moral'“. Es liege daher kein Verstoß gegen Artikel 9 der EMRK (Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit) und kein Verstoß gegen Artikel 14 (Diskriminierungsverbot) vor.
Damit haben zwei jeweils höchste Gerichte anerkannt, dass der Schutz der Tiere ein hohes Gemeinschaftsgut ist und dass auch menschliche Grundrechte es nicht rechtfertigen, Tieren extrem schlimme Qualen zuzufügen, die Tiere bei der Schächtung erleiden müssen. Da der Tierschutz auch in Deutschland verfassungsrechtlich geschütztes, hochrangiges Gemeinschaftsgut ist, sind entsprechende Verbote in Deutschland nunmehr rechtssicher möglich, aber bereits seit vielen Jahrzehnten überfällig.