Am 2. August findet das 7. Berliner Online-Tierschutzforum statt.

Das Berliner Tierschutzforum findet seit März 2021 regelmäßig, mindestens alle vier Wochen, online statt. Die Berliner Landestierschutzbeauftragte lädt jedes Mal eine/n oder mehrere Expert*innen ein, die über ein bestimmtes Tierschutzthema referieren, inkl. anschließender Fragerunde und Diskussion.

Am 2.8.2021 um 19.00 Uhr wird erst Prof. Dr. Marco Heurich einen Vortrag über die Rückkehr der Wölfe in unsere Kulturlandschaft halten. Hierbei wird auch auf die Möglichkeiten und Grenzen des Wolfsmanagements eingegangen, das ein respektvolles Miteinander aller Beteiligten erlaubt.

Es folgt ein Kurzvortrag von unserem Vorstandsmitglied Christina Patt, die die europarechtlichen Vorgaben zum Schutz der Wölfe vorstellen wird. Dabei wird sie insbesondere auch auf die von der Bundesregierung bereits getätigten sowie geplanten Unterwanderungen dieser strengen Schutzmaßnahmen eingehen.

Kostenlose Anmeldung über Eventbrite: https://www.eventbrite.co.uk/e/7-berliner-online-tierschutzforum-der-wolf-ruckkehr-eines-raubtieres-tickets-162787805709

Abstract des Vortrags von Herrn Prof. Heurich

Als vor etwa 20 Jahren in Deutschland die ersten Wolfswelpen in freier Natur geboren wurden, war das eine kleine Sensation. Dass die Tiere sich anschließend erfolgreich ausbreiteten, überraschte selbst Fachleute. Galt der Wolf doch als Tier der Wildnis, das nur fernab der menschlichen Zivilisation leben kann. Die letzten Jahrzehnte zeigten jedoch, dass Wölfe sehr gut in unserer von Menschen dominierten Landschaft zurechtkommen, weil sie intelligent, lern- und anpassungsfähig sind. Allerdings ist die Rückkehr der Tiere mit einer Vielzahl von Konflikten verbunden, die teilweise real, teilweise aber auch irrational sind. Der Wolf ist ein Tier mit einem sehr großen kulturellen Rucksack. Wir alle kennen ihn aus Märchen und Fabeln und haben schon jede Menge Schauergeschichten über blutrünstigte Wolfsrudel gehört. Auf eigene Erfahrungen mit dem Wildtier Wolf können jedoch nur die wenigsten zurückgreifen und deshalb haben viele Menschen Angst, wenn die ersten Tiere in der Umgebung ihres Wohnortes auftauchen. Wölfe richten Schäden an, wenn sie Ziegen und Schafe töten und führen zu Konflikten, wenn sie Rehe und Rothirsche erbeuten. Im Vortrag werden die Konfliktfelder Jagd und Landwirtschaft dargestellt und Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Gleichzeitig wird der Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen des Wolfsmanagements nachgegangen, das ein respektvolles Miteinander aller Beteiligten erlaubt. Natürlich wird auch das faszinierende Wildtier Wolf eingehend vorgestellt, mitsamt den Reaktionen, die es bei uns Menschen auslöst.

Kurzbiographie

Prof. Dr. Marco Heurich ist Sachgebietsleiter für Besucherlenkung und Nationalparkmonitoring im Nationalpark Bayerischer Wald, wo er sich schwerpunktmäßig mit den Themen der Wildtier- und Waldökologie und der menschlichen Dimension des Schutzgebietsmanagements beschäftigt. Gleichzeitig ist er Professor für Wildtierökologie und Naturschutzbiologie an der Universität Freiburg und an der Inland Norway University of Applied Sciences. Er spezialisierte sich während seines Studiums auf wildbiologische und waldökologische Themen und arbeitete als wissenschaflticher Assistent im Isle Royale National Park in den Vereinigten Staaten. Dort und im Norden Minnesotas untersuchte er mit Rolf Peterson und David Mech die Räuber-Beute Beziehungen von Elchen und Wölfen und deren Einfluss auf die Waldentwicklung. Schwerpunkte seiner Arbeiten bilden die Ökologie großen Säugetiere und die Entwicklung von Strategien für ein erfolgreiches Miteinander von Natur und Mensch. Prof. Heurich initiierte mehrere internationale Forschungsinitiativen und ist aktuell als wissenschaftlicher Koordinator der europaweiten Luchs- und Wildkatzenforschung aktiv. Für seine hervorragenden wissenschaftlichen Arbeiten zum Ausgleich zwischen Technik, Wirtschaft und Natur wurde er mit dem Lennart-Bernadotte-Preis für Landespflege ausgezeichnet.

 

Abstract des Vortrags von Frau Patt

Der Wolf gehört zu den streng geschützten Tierarten des internationalen Artenschutzregimes. Mit seiner zunehmenden Verbreitung in Deutschland wird dieses Schutzsystem hierzulande jedoch immer mehr in Frage gestellt. Die Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes im Frühjahr 2020 hat heftige Diskussionen ausgelöst und die EU-Kommission auf den Plan gerufen. Deutschland steht einmal mehr unter Beobachtung hinsichtlich der Umsetzung internationaler Verpflichtungen. Im Vordergrund stehen dabei nationale Aufweichungen der europäischen Vorgaben, die im Konfliktfall eine Entnahme von sog. „Problemwölfen“ erleichtern sollen. Schnell hat sich aber gezeigt, dass die eingeführten Regelungen die bestehenden Konflikte nicht minimieren. Inzwischen werden gar Rufe nach weiteren Aufweichungen immer lauter. Auf der anderen Seite hat sich gezeigt: Tiere von Tierhaltern, die sich erkennbar um einen angemessenen Herdenschutz bemühen, werden nur selten Opfer von Wolfsübergriffen. Die erste umfassende Entscheidung eines deutschen Gerichtes nimmt entsprechend die Weidetierhalter in die Pflicht und betont die überragende Bedeutung von Herdenschutzmaßnahmen.

Bei allen auch im Europarecht angelegten Gestaltungsmöglichkeiten darf nicht vergessen werden, dass diese Spielräume nicht nur dann gelten dürfen, wenn dies vorteilhaft erscheint (z. B. nur für die Gewährung von Ausnahmen). Vielmehr bedarf es auch konsequenter Maßnahmen, die einen wirksamen und dauerhaften Schutz einer Art sicherstellen, um den europarechtlichen Vorgaben gerecht zu werden. Die Erhaltung der biologischen Vielfalt und damit ein effektiver Tier- und Artenschutz kann nur gelingen, wenn international anerkannte Vorgaben und Standards respektiert und eingehalten werden.

Kurzbiographie

Christina Patt ist Juristin und Vorstandsmitglied bei der Deutschen Juristischen Gesellschaft für Tierschutzrecht e.V. und widmet sich dort ausschließlich den Wildtieren. Sie ist seit vielen Jahren im Tierschutz aktiv und Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Wildtierpopulation und Biodiversität des Hessischen Tierschutzbeirates. Im Vordergrund ihrer Arbeit stehen artenschutzrechtliche sowie jagdrechtliche Fragestellungen, insbesondere zum Schutz des Wolfes und des Fuchses. Im Rahmen der Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes war sie als Sachverständige an der Anhörung im Umweltausschuss des Bundestages beteiligt. Darüber hinaus beschäftigt sie sich mit Fragestellungen aus dem Bereich der Tierethik.